Einbeziehung historischer Hochwasserereignisse in heutige Hochwasserschutzkonzepte

Projektlaufzeit:  Februar – Dezember 2003

Auftraggeber:   Gewässerdirektion Besigheim

Veranlassung / Zielsetzungen:  
Um Restrisiken beurteilen und quantifizieren zu können ist es erforderlich, die Hochwasseruntersuchungen über die Bemessungsfälle (HQ100, HQ200) hinaus in den Bereich der Extremereignisse zu erweitern. Als Anhaltspunkt für maximale Überflutungsszenarien kann in vielen Fällen auf Wasserstandsangaben historisch dokumentierter Hochwasser zurückgegriffen werden. Hierbei muss jedoch geprüft werden, ob solche Ereignisse in der heutigen Situation nochmals auftreten können, bzw. mit welchen Auswirkungen bzgl. Überschwemmungsfläche und- höhe zu rechnen ist.
Im Rahmen der Auftragsbearbeitung wurden für das im unteren Neckarlauf größte beobachtete Hochwasser von 1824 für drei ausgewählten Pilotstrecken untersucht, bei welchen Abflüssen im heutigen Ausbauzustand die historisch dokumentierten Wasserstände von 1824 erreicht werden. Neben den historisch aufgezeichneten Wasserständen und Abflussmengen wurde zur Beurteilung der strömungsrelevanten Veränderungen vorhandenes Kartenmaterial ausgewertet und mit dem heutigen Zustand verglichen. Weiterhin wurden exemplarisch für eine Brücke Berechnungen durchgeführt, um mögliche Wasserstandsänderungen abzuschätzen, die sich aus einer Verringerung des Abflussquerschnittes der Brücke ergeben (Brückenverklausung durch Treibgut).

Methoden / Entwicklungen:

  • Anwendung 1D hydrodynamisch-numerischer (HN-) Modellen ausgewählter Stauhaltungen am Neckar für extreme Hochwasserereignisse.
  • Vergleich der hydraulischen Strömungssituation im heutigen und im historischen Zustand (1893/94).
  • Ermittlung von Überflutungsflächen
  • Sensitivitätsanalysen bezüglich der Eingangsdaten und Modellparameter (Zuflüsse, Rauheitsparameter, Q-y-Beziehungen an Modellrändern)
  • Untersuchungen zu möglichen Auswirkungen von Brückenverklausungen.


Ergebnis:
In Berechnungen wurden die Scheitelabflüsse ermittelt, die im heutigen Gewässerzustand der historischen Situation vergleichbare Wasserstände ergeben würden. Abbildung 1 zeigt die Wasserspiegellängsprofile der Stauhaltung Neckarzimmern. Rot dargestellt sind hier die dokumentierten Wasserstände sowie der Wasserspiegelverlauf bei entsprechender Scheitelabflussmenge. Zum Vergleich sind weitere statistische und Ereignisse aus der jüngeren Vergangenheit dargestellt.
Bei der Betrachtung von Extremereignissen ist der Einfluss von Brücken zu berücksichtigen, die bei hohen Wasserständen eingestaut werden können und so einen zusätzlichen Aufstau nach oberstrom bewirken können. Zusätzlich besteht die Gefahr, dass bei geringem Abstand zwischen Wasserspiegel und der Unterkante der Brücke mitgeführtes Treibgut nicht weitertransportiert werden kann sich vor der Brücke ansammelt. In Folge kann es zu einer Verklausung der Brücke kommen. Bei geringer räumlicher Entfernung der Bauwerke kann sich die durch den Einstau bedingte Wasserspiegelanhebung bis zur oberstrom gelegenen Brücke auswirken, so dass diese ebenfalls eingestaut wird. Abhängig vom Grad der „Verbauung“ durch Einstau haben sich bei der untersuchten Brücke (DB-Brücke Jagstfeld) Wasserspiegelanhebungen bis zu weit über 1 Meter ergeben (Abbildung 2).


Abb. 1: Wasserspiegellängsschnitte Stauhaltung Neckarzimmern mit hist. HW-Marken 1824


 Abb.2: Wasserspiegelanstieg bei vertikaler Einengung